Klaus Ahlfänger
"Passen tuta ja“ rief meine Frau aus der Umkleidekabine, um dann
gleich darauf die Frage anzuhängen „abba schteta mir denn auch?“ Ja,
der Rock stand ihr wirklich gut – doch in die Freude über ein zum
Schnäppchenpreis erworbenes Kleidungsstück drängte sich nun die
Scham, dass wir uns mit wenigen Worten vor Personal und Kunden
eines Moerser Edelkaufhauses als „Ruhris“ geoutet hatten. Nun wird
man uns wohl vorher nicht royaler Herkunft verdächtigt haben – aber ich
meinte plötzlich, allseits mitleidvollen Blicken ausgesetzt zu sein, so
dass ich nahezu fluchtartig den niederrheinischen Modetempel verließ
Das mag alles ein wenig übertrieben klingen, jedoch können wir
Ruhrgebietler davon ausgehen, dass wir zeitlebens gegen Vorurteile
anzukämpfen haben. So sehr wir uns auch im Urlaub abmühen, watt-
und-datt-freies Hochdeutsch zu sprechen, um unsere Liegestuhl-
Nachbarn im Unklaren zu lassen, aus welcher Region wir denn nun
stammen – es wird immer wieder nach wenigen Sätzen mitfühlend
heißen: „Ach, ihr kommt sicherlich aus dem Ruhrgebiet.“ Und dann
stellen wir uns die erstaunten Gesichter unserer Urlaubsbekanntschaften
vor, wenn sie abends bemerken, dass wir Ruhris tatsächlich im Umgang
mit Messer und Gabel geübt sind und zudem auch noch witzige,
intelligente Gesprächspartner sein können.
In puncto Mundart und Sprachen wird offensichtlich mit zweierlei
„Maßkrügen“ gemessen. Während einem ruhrpöttisch sprechenden
Sportler vorschnell ein Intelligenz-Quotient im Zimmertemperatur-
Bereich attestiert wird, darf sein bayrischer Kollege in Talkshows und Interviews grammatikfern reden wie ihm der
Schnabel gewachsen ist, ohne dass jemand die Nase rümpfen würde. Als Beispiele seien hier der von mir sehr
verehrte Flankengott Stan Libuda und der langjährige National-Torwart Sepp Meier genannt
Ruhrdeutsch gehört übrigens zu den sogenannten Regiolekten, worunter man dialektal geprägte, regional verbreitete
Umgangssprachen versteht. Hört sich irgendwie gut und ziemlich vornehm an. Also werde ich mich künftig nicht mehr
schämen, wenn meiner Frau mal wieder etwas „passen tut“
© Klaus Ahlfänger
Passen tuta ja ...