Klaus Ahlfänger
Meine Frau hieß mich, auf einer der metallenen Sitzgelegenheiten Platz zu nehmen, die man wohl explizit für
wartende Männer in der Dorstener Innenstadt fest im Boden verankert hat. War ich bis soeben noch das
umhätschelte Geburtstagskind, hatte sie urplötzlich Witterung zu einem nahegelegenen Schuhgeschäft
aufgenommen. Da saß ich dann an meinem Ehrentag mutterseelenallein in einer fremden Stadt und wollte gerade
die zahlreichen „happy-birthday-mails“ auf meinem Smart-Phone entsorgen, als sich neben mir die Hölle auftat. Mit
kaum wahrnehmbarer Rücksicht hatte eine gutaussehende Dorstenerin ihren dicklichen „Winston“ direkt neben mir
angebunden, weil sie wohl auch dem Lockruf des neuangesiedelten Schuhparadieses nicht widerstehen konnte.
Nun muss man wissen, dass ich grundsätzlich vor jedem Hund eine panische Angst habe – sei er auch nur
mausegroß. Das bedeutet für mich, dass ich ständig die Straßenseite wechseln muss und wenn mir Hundegebell
Gefahr signalisiert, ändere ich beim Joggen die Laufrichtung. Doch war an diesem frühlingshaften Tag kein
Ausweichen möglich und das Wagnis einer Flucht wollte ich insofern nicht eingehen, weil ich befürchtete, Winston
könne aufgrund heftiger Bewegungen zum Killerhund werden .
Nun saßen wir beide in völliger Regungslosigkeit nebeneinander und ähnelten den Straßenkünstlern, die den Tag
statuenhaft in den Fußgängerzonen verbringen. Und als meine Frau nach für mich angstvollen zehn Minuten wieder
zurückkehrte, fand sie unseren Anblick derartig putzig, dass sie erst einmal zur Kamera griff, bevor sie versuchte, mit ermunternden Worten mich aus meiner
Schockstarre zu erlösen.
Ausdrücklich erwähnen möchte ich noch, dass die Szene auf dem Bild nicht gestellt ist. Ich kenne den Hund nicht – und er mich auch nicht. Das Foto wurde
lediglich mit einem Sepia-Filter
© Klaus Ahlfänger
Zehn Minuten Angst als Geburtstagsüberraschung