Klaus Ahlfänger
Bakterien
“Backterien”
Es gehört schon ein wenig
Mut dazu, einen Brötchengrapscher auf
das Vorhandensein einer Zange hinzuweisen und ihn aufzufordern, diese aus
hygienischen Gründen auch zu benutzen. Da rühren sie mit ihren Händen in den in
Gitterkäfigen aufbewahrten Backwaren herum, als gelte es, den Hauptgewinn aus
einer Lostrommel zu ziehen und erwidern dennoch entrüstet: „Ich fasse nur die
Brötchen an, die ich auch kaufe.“ Selbstverständlich hatte man zuvor Zeigefinger
und Daumen kräftig eingespeichelt, um die Verpackungstüte problemloser öffnen
zu können.
Es ist wohl eine realistische Einschätzung, wenn ich davon ausgehe, dass der
morgendliche Brötchenkauf häufig Vorrang gegenüber der Badbenutzung hat.
Vielen sieht man die Spuren der Nacht noch deutlich an und es empfiehlt sich
somit keineswegs, großartig über Art und Herkunft der an den Grapscher-Händen befindlichen Anhaftungen zu sinnieren.
Ich rate dringend davor ab, wesentlich stärkeren und entschlossen wirkenden Männern eine Diskussion über
Hygienevorschriften aufzuzwingen. Gestehen muss ich auch, dass ich nachsichtig bin, wenn eine gutaussehende Frau mit
bloßen Händen in den Billigbäcker-Backwaren herumwühlt – kann ja schließlich jedem mal passieren.
Die Frage, warum ich unsere Frühstückbrötchen nicht in einer traditionellen Bäckerei kaufe, ist schnell beantwortet. Die Dinger
schmecken dort um keinen Deut besser und sind zudem meist doppelt so teuer. Und wenn sich dann noch die Bäckerei-
Fachverkäuferin dreimal kräftig in die Hand niest und danach ungerührt meine Brötchen eintütet, sag ich mir doch: „Wenn
schon Bakterien, dann vom Billigbäcker - zu einem wesentlich günstigeren Preis.
© Klaus Ahlfänger