Klaus Ahlfänger
Ja, es wird wohl auch in diesem Urlaub wieder so sein, dass ich mich nahezu täglich
missmutig durch eine schwitzende Menschenmenge kämpfen muss. Es sind die zahlreichen
Touristenmärkte, die mir hier den Aufenthalt vergällen, deren Besuch ich mich jedoch insofern
nicht verweigern kann, weil jeglicher Ansatz von Aufmüpfigkeit die Mundwinkel meiner Frau
ins Merkelhafte verkehren ließe.
Somit ist der Touristenmarkt die weniger schlechte Alternative zu einer übellaunigen
Urlaubsgefährtin. Über proppenvolle enge Straßen, auf denen man alle hundert Meter durch
einen neu angelegten Kreisverkehr schikaniert wird, nähern wir uns zentimeterweise dem
Unvermeidbaren und als die ersten Lockrufe der Markthändler ins Wageninnere dringen, fühlt
sich meine Frau nicht mehr an das Solidaritätsprinzip gebunden. „Bei der Parkplatzsuche
kann ich dir eh nicht nützlich sein, halte kurz an, wir treffen uns um eins an der Anlegestelle
im Hafen!"
Irgendwann und irgendwo finde ich dann eine Parklücke und mache mich von dort
aus auf den halbstündigen Weg zum Marktgetümmel. Blauer Himmel und 27 Grad
im Schatten verheißen nichts Gutes. So trifft mich der durch achselfreie Muskel-
Shirts begünstigte penetrante Geruchs-Mix aus Schweiß und billigem Deo nicht
unerwartet. Nichts deutet hier auf den Namensursprung dieses wohl bequemen
Kleidungsstücks hin, denn deren Träger sind sichtlich alles andere als muckibuden-
affin. Bereits nach wenigen Metern ist mir bewusst, dass in der wabbeligen
Menschenmasse keine Richtungsänderung möglich ist. Man wird ständig hin- und
hergeschoben und möchte auch nicht unbedingt wissen, mit wem man gerade
Löffelchen geht. Von allen Seiten schreien die Händler auf mich ein und dennoch
werden sie lautstärkemäßig von besorgten Müttern übertroffen, die mir aus
Kussnähe die Namen ihrer verlorengegangenen Kevins und Chantalles in die
Ohren brüllen. Auch erweist sich meine Körpergröße von 186 Zentimetern nicht
gerade günstig, denn ständig baumeln mir die an den Verkaufsständen
ausgehängten Hosen und Hemden ins Gesicht, so dass ich vorzugsweise in
gebeugter Glöckner-von-Notre-Dame-Haltung im Menschenstrom mitschwimme.
Dass es den trotz der Enge mitgeführten Hunden noch schlechter als mir ergeht,
tröstet mich nur bedingt, denn schließlich sind sie es, die mich in Angst und
Schrecken versetzen, wenn sie mit ihren feuchtkalten Schnauzen an meinen
kurzbehosten Beinen herumschnüffeln.
Irgendwie gelingt es mir, mich aus der Herde zu lösen, um dann am vereinbarten
Treffpunkt auf meine Frau zu warten. Immerhin belässt sie es dieses Mal bei einer halbstündigen Verspätung, so dass meine
leichte Verstimmung keineswegs mit der Spontanverärgerung meiner Frau mithalten kann, die einsetzte, als sie von dem zwei
Kilometer entfernten Parkplatz erfuhr. Wortlos übergibt sie mir ihre die aus Schuhen und T-Shirts bestehende Tagesausbeute
und erst wenige Meter vorm Erreichen unseres Autos höre ich die gefürchtete Frage: „Wann ist eigentlich Markt in Salò?
Wann ist eigentlich Markt in.....?
Markt
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© Klaus Ahlfänger