Klaus Ahlfänger
Nach dem Essen Schulterklopfen nicht vergessen!
Gegen Ende der gnadenlosen Glühweinzeit mag ich nicht mehr so recht an eine unbefleckte
Bedrängnis glauben. So befindet sich mein dunkelblauer Wollmantel ein weiteres Mal in der
Schnellreinigung, weil ich mich tags zuvor mit dem guten Stück auf einen proppenvollen
Weihnachtsmarkt gewagt hatte. Die eher unbeabsichtigten Rempeleien mit Pommes-Schälchen und
Bratwurst sind für mich noch halbwegs entschuldbar. Ärgerlich ist jedoch die Heimtücke meiner
Freunde und Bekannten, die mit einer scheinbar herzlichen Umarmung unbändige Wiedersehenfreude
vortäuschen und in Wirklichkeit ihre Hände von Fett- und Zuckerresten befreien wollen. Während den
Wurstessern ein hingewischtes Schulterklopfen zur Reinigung ausreichte, bedurfte es nach dem
Verzehr eines triefenden Brathähnchens schon einer länger währenden Umklammerung, wobei man
unzählige Male auf das Rückenteil meines Mantels patschte.
Doch ich hatte immerhin dazugelernt. Als ich mir zum Abschluss des Tages noch drei fettige Reibekuchen gegönnt hatte und ich
vergeblich nach einer Serviette suchte, umarmte ich spontan einen wildfremden Mann und schrie ihm ins Ohr: „Schön, dass wir
uns hier wiedersehen, ich rufe dich morgen mal an“ - Und weg war ich.
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Klaus Ahlfänger
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